Biodiversität ist von besonderer Bedeutung, insbesondere zur Förderung des Klimaschutzes. Leider wird dem Thema nicht immer gebührend Beachtung geschenkt. Zu Unrecht, denn mit der biologischen Vielfalt fällt und steigt unsere Lebensqualität. Leider sinkt die Vielfalt an Pflanzen und Insekten seit Jahren aufgrund von Monokulturen, verbrauchte Flächen für Landwirtschaft und Überbauungen. Letzte Naturwälder und -flächen werden gerodet oder umgewidmet. Doch wir alle sind auf ein gesundes Ökosystem angewiesen.
Damit Biodiversität und Naturnähe im Siedlungsraum wieder mehr Platz einnehmen können, ist richtungsweisendes Engagement und die bewusste Auseinandersetzung naturverträglicher Eingriffe notwendig. Nicht einzig der private Gartenliebhaber, auch zukunftsorientierte Gemeinden, Architekt/innen oder Generalunternehmer/innen, die verantwortungsvoll mit Mensch und Umwelt umgehen wollen, gestalten naturnahe Flächen auf öffentlichem oder privatem Raum.
Die Gemeinde Vaduz hat dazu zur Unterstützung der Biodiversität 2020 das Projekt „Vadoz summt“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Claudia Ospelt-Bosshard, Dipl. Gärtnerin, spez. Naturgartenbereich und Projektleiterin bei «Vadoz summt», werden Privatpersonen und Geschäfte unterstützt ihre Gartenflächen mit einer Vielfalt an heimischen und nützlichen Pflanzen zu bepflanzen. Weg von grünen Wüsten und hin zu einem Insekten- und Bienenparadies.
Ramona: Liebe Claudia, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein kurzes Interview mit mir genommen hast. Als Garten-Expertin freust du dich sicher besonders, dass der Frühling wiederkommt und die Natur nach einer Winterpause zum Leben erwacht. Wie lange beschäftigst du dich schon mit Natur und Garten?
Claudia: Seit ich zurückdenken kann und laufen konnte, bin ich schon mit meinem Vater und Grossvater in der Natur und im Garten unterwegs gewesen.
Ramona: Was bedeutet Gärtnern und die Natur für dich?
Claudia: Respektieren, was um mich herum ist. Mich eingebettet zu fühlen im Ganzen tut einfach gut.
Ramona: Seit 2020 gibt es in Vaduz das Projekt «Vadoz summt». Kannst du kurz zusammenfassen, was das Projekt auf sich hat und wie es zustande gekommen ist?
Claudia: «Im Februar 2020 genehmigte der Gemeinderat das Projekt „Vadoz summt“ für die kommenden vier Jahre. Es zielt auf die Förderung der Biodiversität ab, indem die Artenvielfalt auf Landwirtschaftsflächen, an Waldrändern sowie in privaten Gärten forciert wird. Die Gemeinde bietet den Einwohnerinnen und Einwohnern kostenlose Beratungen durch Experten an.» So steht es im Internet und das ist kurz und knackig umschreiben. 😊
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Ramona: Biodiversität ist hier wohl ein besonders wichtiger Begriff. Welche Massnahmen können wir als Einzelpersonen ergreifen, um einen möglichst diversen Garten zu haben?
Claudia: Die Antwort ist schon in deiner Frage enthalten. Diverser Garten bedeutet, dass viele verschiedene heimische Pflanzen und Gehölze enthalten sind. Dann kommen auch heimische Tiere, da sie Nahrung finden und Möglichkeiten haben, sich zu reproduzieren.
Ramona: Die Initiative ist bislang auf einen Zeitraum von 4 Jahren beschränkt und wir hatten bereits Halbzeit. Gibt es die Möglichkeit, die Förderung nach 2024 zu verlängern?
Claudia: Das weiss ich nicht. Das wird die zuständige Umwelt- und Forstkommission zusammen mit dem Gemeinderat und der Bürgermeisterin entscheiden. Im Antrag der Kommission von 2019 wurde das allerdings angedacht.
Ramona: Wie viele Projekte konntest du im Rahmen von «Vadoz summt» bereits verwirklichen?
Claudia: Von insgesamt 63 privaten Teilnehmenden, darunter auch Immobilienumgebungen, sind momentan ca. 50 Projekte bereits umgesetzt, einige sind noch in Arbeit.
Ramona: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den teilnehmenden Personen?
Claudia: Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den Gemeindemitarbeiter/Innen ist sehr wertschätzend, unterstützend und sie sind extrem offen für meine Ideen.
Ramona: An welches Projekt kannst du dich noch am besten erinnern?
Claudia: Da gäbe es viele, die mich freuen und immer wieder freuen, wenn ich durch Vaduz laufe. Im Moment bin ich sehr gespannt, wie die Popup Gärten in den Quartieren funktionieren werden. «Vadoz summt» gestaltet diese in Kooperation mit dem Kunstmuseum, zum Anlass der zweiten Ausstellung Parlament der Pflanzen. Es ist ein Experiment, bei dem Schüler/Innen ihren Garten aufbauen und unterhalten werden. Es gibt so viele Dinge zu erlernen, wie z. B. das Miteinander zu gestalten, das Respektieren anderer Ideen, kreative Umsetzungen zu suchen ohne grosses Budget, etc..
Ramona: Was erwartest du dir noch für die restliche Zeit der «Vadoz summt» Initiative? Was ist noch für die Zukunft geplant?
Claudia: Dass sich ganz viele Personen anmelden und ihre Gärten naturnah ändern, damit diese Art Gärten sichtbarer werden. In Zukunft geplant ist sicher wieder ein Tag der Biodiversität Dieses Jahr wird der Anlass am 13. Mai 2023 in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Schaan durchgeführt. Für nächstes Jahr könnte vielleicht ein Tag des offenen Gartens geplant werden, ein Spaziergang durch Vaduz, bei dem die Teilnehmenden ihre Gärten öffnen. Projekte und Ideen entstehen oft im Laufe des Jahres durch Inputs der Menschen, die ich treffe.
Ramona: Welche Pflanzen/Pflanzenarten sind für die teilnehmenden Personen am beliebtesten? Sind eher Blumen gefragt, oder auch Hecken und Sträucher?
Claudia: Blumen stehen definitiv an erster Stelle. Wildstauden blühen eben auch schon von Februar bis November. Nicht immer die gleichen, sondern viele unterschiedliche Pflanzen, doch auch Sträucher sind gefragt.
Ramona: Welche Zierpflanzen siehst du denn am häufigsten in Liechtensteins Gärten, die nur sehr wenig bis gar nichts an Ökovielfalt beitragen?
Claudia: Kirschlorbeer, Ziergräser und Eisenbahnstein Gärten.
Ramona: Und welche Pflanzen sind für die Insekten- und Tierwelt am geeignetsten?
Claudia: Das sind einheimische Wildstauden und Gehölze, die nicht verändert wurden. Heisst Gattung und Art ähnlich wie Vor- und Nachnahmen, einfach zwei Wörter und zum bestellen am besten in Latein, dann bekommt jeder was er auch wollte.
Ramona: Auf welche nützlichen Helfer (z.B. Tigerschnegel, Würmer, Marienkäfer) im Garten darf man sich denn freuen?
Claudia: Auf alle, sind auch hier Zuhause. 😊
Ramona: Auf welche Literatur kann man sich am besten berufen, wenn man sich mit nachhaltigen Gärten beschäftigen möchte (z.B. Vom Ziergarten zum Insektengarten)?
Claudia: Literatur schwierig, es gibt so viel. Das Buch, das die LGU herausbrachte, ist sicher einfach, super und kompakt. Du kennst es und hast es ja erwähnt. Wer mir persönlich sehr gut gefällt ist die englische Künstlerin Gertrude Jekyll, die bis Ende 1932 die ersten naturnahen Gärten konzipierte. Ihre Gartenbücher enthalten einiges an Pflanzplänen die sehr inspirierend sind.
Ramona: Vielen lieben Dank, liebe Claudia!
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